Muskeln als Schutzschild

Alexandra Löwy stürzte beim Voltigieren vom Pferd und brach sich mehrere Wirbel. Ihre Kolleginnen reagierten zum Glück richtig. Die 23-jährige Sportlerin erzählt.

11.09.2020 Christian Benz 2 Minuten

«Ich hätte mit einem Rückwärtssalto vom Pferd springen sollen. Eine Figur, die ich zuvor tausendmal gemacht hatte. Diesmal aber rutschte ich ab. Für eine Drehung zum Salto reichte es nicht mehr. Ich fiel mit voller Wucht auf den Rücken und blieb reglos liegen. Der Unfall passierte während der Hauptprobe vor dem ersten Voltige-Gruppenturnier der Saison 2017. Voltige ist eine Sportart, die man als Akrobatik auf einem galoppierenden Pferd bezeichnen kann. Meine Trainerin und einige Kolleginnen aus meinem Voltige-Team eilten zur Hilfe. Die Trainerin wählte sofort die Notrufnummer. Eine Kollegin versuchte derweil, mich mit sanften Ohrfeigen wieder zu Bewusstsein zu bringen. Sie haben in der Hektik richtig gehandelt. Dann auf einmal – ich weiss nicht wie – brachte ich mich selbst von der Rückenlage in die stabile Seitenlage. Auch meine Kolleginnen waren darüber erstaunt. Und erfreut. Zu gross war ihre Hemmung gewesen, meinen Körper zu bewegen. Sie wussten ja nicht, wie schwer ich verletzt war. Kurze Zeit später traf die Ambulanz ein. Von da an ging alles schnell. Halsstütze, Barre, Helikopter, Notfallstation. Diagnose: doppelte Wirbelfraktur.

Als Team noch mehr zusammengeschweisst

Ich hatte Glück im Unglück. Die Ärzte meinten, meine trainierten Muskeln hätten das Schlimmste verhindert. Heute kann ich mich wieder normal bewegen. Abgesehen von leichter Ermüdung, wenn ich längere Zeit in einer bestimmten Position sitze oder stehe. An den Unfall selbst erinnere ich mich kaum. Das meiste weiss ich aus Erzählungen. Mein Team und ich haben später oft darüber geredet. Es war für uns alle ein Schock. Sowas hatte es bei uns im Verein noch nie gegeben. Die Gespräche haben sehr gut getan. Sie haben uns noch mehr zusammengeschweisst. Drei Wochen nach dem Unfall war ich wieder bei den Pferden und im Training. Ich nahm nicht aktiv daran teil. Aber ich sass auf der Tribüne, um mein Team zu unterstützen. Nach drei Monaten stieg ich das erste Mal wieder auf ein Pferd. Das war mir sehr wichtig. Ich wollte nach der Verletzungspause wieder voltigieren. Das Pferd trifft keine Schuld am Unfall. Ich hatte einfach nur Pech.

Miteinander von Tier und Mensch

Angst darf man beim Voltigieren nicht haben. Es braucht Mut, Respekt und Konzentration. Besonders schwierige Übungen wie Pirouetten oder Flick Flacks trainieren wir zuerst auf einem unbeweglichen Holzpferd. Sobald man sich auf dieser Attrappe sicher fühlt, wechselt man aufs Pferd. Zu Beginn erst stehend, später im Schritttempo. Auch das Pferd muss sich an die Übungen gewöhnen. Voltigieren ist ein Miteinander von Tier und Mensch. Im Herbst 2019 habe ich meine aktive Karriere beendet. Der Unfall war nicht der Hauptgrund. Der Zeitpunkt war für mich einfach richtig. Mit sieben Jahren begann ich diesen Sport zu treiben. Ich habe viele tolle Momente erlebt und viel erreicht. Darauf bin ich sehr stolz. Vier Schweizermeister-Titel habe ich gewonnen. Das Voltigieren habe ich aber nicht ganz aufgegeben. Heute trainiere ich unseren Nachwuchs. Eine Aufgabe, die mich sehr erfüllt.»

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