Wenn eine Person urteilsunfähig wird, übernimmt automatisch der Staat die Verantwortung und trifft Entscheidungen. Mit einer Patientenverfügung und einem Vorsorgeauftrag lässt sich sicherstellen, dass die eigenen Vorstellungen und Anliegen ernst genommen werden.
Das Schicksal schlägt oft unerbittlich zu: Nach einem Unfall oder einer schweren Krankheit kann man plötzlich nicht mehr selbst entscheiden und für sich sorgen. Bei einer Demenz passiert dies eher schleichend. Wer in einer solchen Situation sicher sein will, dass die eigenen Wünsche berücksichtigt und Vertrauenspersonen involviert werden, kann mit diesen Dokumenten vorsorgen:
Auf der Website unseres Partners, des Schweizerischen Roten Kreuzes (SRK), finden Sie das Patientenverfügungsformular sowie ein Vorsorgeauftragsmuster. Zudem helfen Ihnen die Wegleitungen zum Formular Patientenverfügung und zur Vorsorge-Vorlage, sich mit diesem Thema zu beschäftigen und eigene Antworten zu finden. Das SRK bietet zusätzlich Beratungen an. Auch ein Gespräch mit der Hausärztin oder dem Hausarzt kann den Entscheidungsprozess unterstützen.
Sollen bei schlechten Erfolgschancen weiterhin alle medizinischen Massnahmen getroffen werden? Was passiert mit Ihren Organen nach dem Tod? Möchten Sie bei einem Herzstillstand reanimiert werden? Eine Patientenverfügung dient als Orientierung für Angehörige und für medizinisches Personal, wenn Sie nicht mehr urteilsfähig sind. Darin können Sie selbst bestimmen, mit welchen Behandlungen, Eingriffen und medizinischen Massnahmen Sie je nach Gesundheitszustand einverstanden sind, und was Sie ablehnen. Zudem können Sie eine Person bestimmen, die in einer solchen Situation in Ihrem Sinne entscheidet.
Die Patientenverfügung muss schriftlich verfasst, datiert und unterschrieben werden. Im Inhalt und in der Form ist man frei: Sie können sie von Hand schreiben oder am Computer. Oder Sie füllen ganz einfach ein vorgegebenes Patientenverfügungsformular aus. Zeugen sind nicht erforderlich.
Eine Patientenverfügung kann jederzeit geändert oder widerrufen werden. Ausserdem sollten Sie regelmässig überprüfen, ob Ihre Patientenverfügung noch Ihrem Willen entspricht und sie gegebenenfalls abändern.
Das Original Ihrer Patientenverfügung bewahren Sie am besten zu Hause auf, an einem leicht zugänglichen Ort. Geben Sie Ihrer Vertrauensperson und Ihren behandelnden Ärzten und Ärztinnen eine Kopie. Führen Sie im Portemonnaie eine Hinweiskarte mit, wo sich die Patientenverfügung befindet und an wen man sich im Notfall wenden soll. Nehmen Sie Ihre Patientenverfügung mit, wenn Sie in ein Spital eintreten oder auf eine Reise gehen. Zusätzlich kann man die Existenz einer Patientenverfügung auf der Krankenkassenkarte eintragen lassen. Sie können sie auch beim SRK hinterlegen. Hier lässt sich die Patientenverfügung rasch und rund um die Uhr abrufen.
Ohne Patientenverfügung entscheiden laut Gesetz folgende Personen in dieser Reihenfolge:
Die Angehörigen sind nur dann vertretungsberechtigt, wenn sie mit der Person regelmässig Kontakt pflegen. Wenn ein Patient oder eine Patientin keine Angehörigen hat oder keinen Kontakt zu ihnen unterhält – oder wenn diese nicht auffindbar sind oder nicht entscheiden wollen –, ernennt die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) einen Beistand, der im Namen der Person entscheidet.
Egal, ob jung oder alt: Es ist nicht leicht, sich so intensiv mit Fragen rund um Krankheit und Tod auseinanderzusetzen. Damit die Angehörigen und medizinischen Fachpersonen Ihre Entscheidungen nachvollziehen können, ist es hilfreich, Ihre Werte schriftlich festzuhalten: Was ist Ihre Motivation für das Erstellen der Patientenverfügung? Welche Einstellung haben Sie zu Religion? Welche Ängste haben Sie in Bezug auf Gesundheit, Krankheit und Tod? Was bedeutet für Sie Lebensqualität?
Der Vorsorgeauftrag hält fest, wer stellvertretend für Sie Entscheidungen treffen darf. Das kann Ihre Partnerin oder Ihr Partner sein, aber auch eine andere vertrauensvolle Person. Er besteht aus drei Teilen:
Das Gesetz ist streng: Ein Vorsorgeauftrag ist nur gültig, wenn er von Anfang bis zum Ende eigenhändig geschrieben, datiert und unterzeichnet wurde. Im Zweifel können Handschriftanalysen gemacht werden.
Im Vorsorgeauftrag kann man die Verwaltung aller Angelegenheiten definieren oder auch nur Angelegenheiten aus einzelnen Bereichen.
Wer nicht in der Lage ist, einen eigenhändigen Vorsorgeauftrag zu verfassen, kann dies gemeinsam mit einer Notarin oder einem Notar tun. Sie beurkunden, dass die Person zum Verfassungszeitpunkt urteilsfähig war und der Inhalt des Vorsorgeauftrags dem Willen der Person entspricht. Dieses Verfahren ist kostenpflichtig. Die Preise variieren von Kanton zu Kanton.
Besteht bei einer alleinstehenden, verwitweten oder im Konkubinat lebenden Person kein Vorsorgeauftrag, entscheidet die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB), ob eine externe Beistandschaft organisiert wird oder ob die Verwandten die Entscheidungsbefugnis erhalten.
Wenn in einer Ehe oder in einer eingetragenen Partnerschaft eine Person urteilsunfähig wird, kann der Ehepartner oder die Ehepartnerin sie weiterhin für alltägliche Handlungen vertreten. Dazu müssen sie im gleichen Haushalt wohnen oder regelmässig und persönlich Unterstützung leisten können. Anders ist es für Rechtshandlungen, die ausserordentliche Belange betreffen: Ohne gültigen Vorsorgeauftrag bestimmt der Staat mit, und es braucht für diese Entscheidungen eine Bewilligung der KESB. Dazu gehören zum Beispiel der Verkauf von Liegenschaften, die Erhöhung einer Hypothek oder die Annahme oder Ausschlagung einer Erbschaft.
Katharina Bühlmann arbeitet im SRK Kanton Bern als Verantwortliche Patientenverfügung und Vorsorgeauftrag. In ihrer Funktion beantwortet sie Fragen zum Thema Patientenverfügung und führt Beratungen durch. Katharina Bühlmann stand dem Redaktionsteam bei diesem Artikel beratend zur Seite.