Unterdrückte Gefühle wie Wut, Hass oder Groll machen auf lange Sicht krank – nicht nur seelisch, sondern auch körperlich. Verzeihen tut unserem Körper gut und schenkt uns inneren Frieden.
Eine achtlos ausgesprochene Bemerkung einer Freundin oder eines Freundes, ein Streit in der Partnerschaft: Ein ungelöster Konflikt kann tiefer gehen, als uns oftmals bewusst ist. In Gedanken beschäftigen wir uns immer wieder mit der Person, der wir etwas nicht verzeihen können. Unser Körper ist in einem permanenten Alarmzustand. Das kann sich negativ auf unsere Gesundheit auswirken. Es lohnt sich deshalb, etwas dagegen zu tun.
Studien zeigen, dass sich der Akt des Verzeihens positiv auf den ganzen Körper auswirken kann:
Verzeihen fällt nicht allen gleich leicht: Manche können einen vergessenen Geburtstag nicht verzeihen, andere hingegen vergeben eine schwere Straftat. Helsana-Gesundheitsexpertin Julia Pieh erklärt:
Beim Verzeihen geht es nicht um das Gegenüber, sondern um einen selbst. Findet man den inneren Frieden wieder, befreit man sich.
Pieh vergleicht es mit einem grossen Hausputz: «Wenn man das Haus aufgeräumt hat und alle Zimmer gereinigt sind, dann ist es bereit für Neues. Es kann wieder ‹Schönes› einziehen. Und das tun wir ja nicht für den Nachbarn, sondern für uns selbst.»
Vergebung geschieht nicht auf Knopfdruck. Pieh betont, dass Verzeihen ein lernbarer Prozess sei. Dafür brauchen wir Geduld und Übung: «Oft denkt man, dass man verziehen habe, und plötzlich kommt das Thema nach Wochen wieder hoch. Dann beleuchtet man das Thema nochmal – am besten aus einer anderen Perspektive.»
Der US-amerikanische Psychologe Robert Enright hat ein Modell für den Weg des Verzeihens entwickelt. Er empfiehlt, in vier Schritten vorzugehen:
Um zu verzeihen, hilft es, das Geschehene noch einmal bewusst zu reflektieren und sich in die andere Person hineinzuversetzen. Was hat dazu geführt, dass ich gekränkt bin? Wieso hat der Mensch so gehandelt? Was ist seine Geschichte dahinter?
Wir alle sind gefangen in Prägungen und Glaubensmustern, die uns immer wieder herausfordern: Kam der Vater früher nicht zum Schulauftritt der Tochter, wird sie wieder verletzt, wenn ihr Freund oder ihre Freundin später nicht zu einem wichtigen Vortrag kommt.
Verzeihen ist kein Zeichen von Schwäche. Die andere Person muss es sich nicht verdienen, dass wir ihr verzeihen. Wir tun es unseretwegen. Diese Haltung hilft, um sich für das Verzeihen zu entscheiden. Es ist erstaunlich, wie befreiend dieser Schritt für unseren Körper ist. Der Klumpen im Bauch verschwindet und das Herz wird leichter.
Das Erlebte als unumkehrbar zu akzeptieren und auf Reaktionen wie Rückzug, Angriff und Lust auf Rache zu verzichten, ist ein wichtiger Lernprozess. Die hohe Kunst des Verzeihens ist es, Verständnis zu entwickeln, ohne die Tat zu entschuldigen.
Die Erkenntnis, wie gut es tut, wenn sich schmerzliche Gefühle und negative Gedanken lösen, ist heilsam für die Seele und den Körper. Positive Gefühle wie Mitgefühl, Nachsicht, Milde und Grosszügigkeit haben wieder Platz.
Es gibt Dinge, die wirklich schwer zu verzeihen sind. Dann dauert dieser innere Prozess allenfalls ein ganzes Leben – oder nicht mal das reicht aus. Aber in vielen Fällen ist Verzeihen durchaus möglich. Eine Studie der US-amerikanischen Universität Yale zeigt, dass Menschen dafür gemacht sind, anderen zu vergeben. Die Haltung «Das ist unverzeihlich» kommt oft von der Annahme, dass mit dem Verzeihen die Verletzung oder Demütigung akzeptiert wird. Das ist ein Irrtum: Verzeihen bedeutet nicht automatisch, mit dem Verhalten des Anderen einverstanden zu sein.
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Die Tat wird durch das Verzeihen nicht besser. Sie kann weiterhin als unangemessen, falsch oder niederträchtig bewertet werden. Mit dem Vergeben entscheiden wir uns jedoch dazu, nicht länger zuzulassen, dass die Tat unser Leben dauerhaft negativ beeinflusst. «Verzeihen ist manchmal kein leichter Weg, aber er lohnt sich», sagt Pieh. «Niemand kann von aussen vorgeben, wann der richtige Zeitpunkt dafür ist. Man spürt es selber. Nur wer Altes loslässt, kann Neues kreieren.»
Tun Sie sich also selbst etwas Gutes und verzeihen Sie – so oft wie möglich. Wer verzeiht, baut negativen Stress ab. Und schöne Beziehungen wirken sich wiederum positiv auf unsere mentale und körperliche Gesundheit aus.
Die Expertin stand dem Redaktionsteam bei diesem Artikel beratend zur Seite. Julia Pieh (Doktorin der Pharmazie und Toxikologie, Apothekerin, Naturheilpraktikerin) arbeitet in der Helsana-Gesundheitsberatung.
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