Kosten auf Rekordhoch

Die Kosten für Medikamente nahmen im Jahr 2021 markant zu und übersteigen mittlerweile 8 Milliarden Franken. Treiber sind vor allem einzelne, sehr teure neue medikamentöse Behandlungen. Immer häufiger setzen die Behörden bei hochpreisigen Medikamenten auf geheime Preise. Preismodelle mit vertraulichen Preisen werden von der Ausnahme zur Regel. Insgesamt entfielen von den zwischen 2015 und 2021 neu aufgenommenen Präparaten knapp 40% auf solche mit einem Preismodell. Im Weiteren widmet sich der Helsana-Report den Fragen: Werden Frauen im Hinblick auf eine Schwangerschaft angemessen medikamentös versorgt? Und: Neue Migräneprophylaxe auf dem Prüfstand.

17.11.2022

Im Jahr 2021 überstiegen Ausgaben für Medikamente in der Grundversicherung erstmals die 8 Milliarden-Franken-Marke. Im Vergleich zum Vorjahr nahmen die Kosten (+4,6%) deutlich stärker zu, als die Anzahl Personen, die Arzneimittel bezogen (+1,3%) wie auch die Anzahl Medikamentenbezüge (+0,5%). Erklären lässt sich diese Entwicklung vor allem durch einzelne, sehr teure medikamentöse Behandlungen von verschiedenen Krebs- und Tumorerkrankungen.

Seit Jahren bleibt die Rangliste der kostenintensivsten Medikamentengruppen unverändert. Sie wird weiterhin von den Immunsuppressiva angeführt. Diese schlugen 2021 mit stolzen 1’217 Millionen Franken oder 15% der Gesamtkosten zu Buche. An zweiter Stelle folgen die Krebsmedikamente, die 12% oder 971 Millionen Franken der Gesamtkosten ausmachten.

Vertrauliche Preise für Medikamente: Die Ausnahme wird zur Regel

Seit 2020 kommen in der Schweiz bei der Preisfestsetzung für Medikamente vermehrt sogenannte Preismodelle zum Zug. Oftmals, weil die Hersteller die herkömmlich hergeleiteten Preise nicht akzeptieren und es infolgedessen zu Verzögerungen bei der Zulassung kommt. Viele Preismodelle beinhalten vertrauliche Absprachen zwischen dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) und den Pharmafirmen. Da dieses Vorgehen die im Öffentlichkeitsgesetz geforderte Transparenz verletzt, soll es nun von diesem ausgenommen und im «Kostendämpfungspaket 2» des Bundesrates legalisiert werden. Der Anteil der Preismodelle bei neuen Arzneimitteln steigt von Jahr zu Jahr: Während im Jahr 2015 insgesamt 17 Neuzulassungen mit Preismodell auf die Spezialitätenliste kamen, waren es in 2021 bereits 76. Insgesamt entfielen von den zwischen 2015 und 2021 neu aufgenommenen Präparaten 39% auf solche mit einem Preismodell. Behörden und Pharmafirmen argumentieren, der Zugang sei Dank Preismodellen rascher und es resultieren Kosteneinsparungen. Durch die zusätzliche Flexibilität vermögen Preismodelle mit vertraulichen Preisen einen Beitrag dazu leisten, den Zugang zu innovativen Therapien zu erleichtern. Einen Beitrag an die Kostendämpfung leisten sie indes nicht.

Gefährliche Arzneimittel im Hinblick auf eine Schwangerschaft

Es ist hinlänglich bekannt, dass die Einnahme von Medikamenten während der Schwangerschaft risikoreich ist. Und doch kann nicht immer darauf verzichtet werden. So ergab auch die Analyse der Daten aus dem Jahr 2021, dass 87.7% aller Schwangeren mindestens ein Arzneimittel bezogen haben. Einige Medikamente können sich allerdings besonders schädigend auf das ungeborene Kind auswirken und sollten deshalb unbedingt vermieden werden. Teratogene Arzneimittel können während der Schwangerschaft zu Fehlbildungen beim Kind führen. 2021 bezogen insgesamt 14.4% aller Frauen im gebärfähigen Alter solche Arzneimittel. Bei den Frauen unter 26 Jahren waren dies am häufigsten Akne-Therapeutika, welche als starke Teratogene gelten. Erfreulich ist, dass in den meisten Fällen vor der Schwangerschaft eine Umstellung auf sichere Alternativen stattgefunden hat. Trotzdem nahmen 1,3% der Schwangeren im ersten Trimester ihrer Schwangerschaft entsprechende Arzneimittel ein.

Neue Migräneprophylaxe auf dem Prüfstand

Die Migräne gehört neben den Spannungskopfschmerzen zu den häufigsten Kopfschmerzarten. Bei besonders schwer betroffenen Patientinnen und Patienten ist eine Langzeitprophylaxe angezeigt. 2018 kam ein erster Vertreter einer neuen Wirkstoffgruppe zur Migräneprophylaxe, sogenannte CGRP-Antikörper, auf den Schweizer Markt. Die Vertreter dieser neuen Medikamentengruppe scheinen sowohl gut verträglich als auch bei gewissen Migräneformen wirksam zu sein. Allerdings gibt es aus ökonomischer Sicht Bedenken, da die Jahreskosten einer Therapie mit CGRP-Antikörpern die Kosten einer herkömmlichen Standard-Prophylaxe um ein Vielfaches übersteigen. So stiegen bei den CGRP-Dauerbezügern die Medikamentenkosten um stolze 82%. Drei Viertel davon wurden allein durch die CGRP-Antikörper verursacht. Aktuelle Studiendaten zeigen allerdings nur eine geringfügige Reduzierung der Migränetage durch die CGRP-Antikörper; dies rechtfertigt die strenge Limitation in der Spezialitätenliste, die hohen Kosten hingegen nicht.

Arzneimittelreport 2022

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